Allyship beschreibt den Prozess der aktiven Verbündetenschaft einer Person mit bestimmten gesellschaftlichen Privilegien, mit Menschen aus einer gesellschaftlich marginalisierteren Gruppe, die diese Privilegien nicht hat. Beispielsweise können cis Personen Ally sein für trans Personen, weiße Personen können Ally sein für Schwarze Personen, Männer können Ally sein für Frauen. Allyship ist ein aktives Tun und ein Prozess, der immer bei mir selbst beginnt. Was bedeutet Allyship genau? Welche Kritik gibt es an dem Konzept? Wie kann ich Allyship umsetzen und warum ist Allyship eigentlich wichtig? Lest hier mehr!

Was ist Allyship?

Allyship heißt zunächst erst mal nichts anderes als “Verbundenheit” oder “Verbündetenschaft”. Es ist eine Form der Solidarität. Allys sind also Verbündete. Menschen, die solidarisch füreinander eintreten. Das kann in verschiedenen Lebenslagen passieren, im Großen und im Kleinen.

Wir sind Allys, wenn wir einer älteren Person in der Bahn einen Sitzplatz anbieten. Wir sind Allys, wenn wir fair produzierte Waren einkaufen. Wir sind Allys, wenn wir Kleidung zur Stadtmission bringen. Wir sind Allys, wenn wir dem Trainer Paroli bieten, nachdem er eine Teampartnerin vor versammelter Mannschaft als “zu dick” bezeichnet hat. Wir sind Allys, wenn wir dazwischen gehen, weil ein Mann eine Frau im Club nicht in Ruhe lässt. Wir sind Allys, wenn wir bei der Familienfeier rassistische Äußerungen unserer Verwandten sofort ansprechen.

Eine Gesellschaft im Ungleichgewicht

Was all diese Beispiele vereint? Wir erleben ein Ungleichgewicht oder deutllicher ausgedrückt: eine Diskriminierung. Gleichzeitig besitzen wir gegenüber der Person, die diskriminiert wird und für die wir uns einsetzen, einen Vorteil. Häufig spricht man hier auch von Privilegien. Diese Privilegien können auf dem Alter, finanziellen Mitteln, der sozialen Herkunft oder der körperlichen Verfassung beruhen. Oft entstehen sie auch aufgrund der Nationalität, des Geschlechts, der Religion, der Neurodivergenz (also wie neurotypisch bestimmte Gehirnfunktionen sind) oder der sexuellen Orientierung. Cis Männer profitieren beispielsweise vom Patriachat. Heterosexuelle Frauen profitieren von der heteronormativ geprägten Gesellschaft.

Ich bin Teil des Problems – aber ich kann auch Teil der Lösung sein

Egal, wie gut unsere Absichten sind, Strukturen zu ändern, unsere Privilegien lassen sich nur schwer ablegen. Was wir aber tun können, ist, uns unserer Privilegiertheit bewusst zu werden. Das heißt auch, sich mit eigenen Vorurteilen auseinanderzusetzen und zu hinterfragen, inwieweit man Teil des unterdrückenden, diskriminierenden Systems ist. Das ist unbequem, manchmal auch schmerzvoll, aber es lohnt sich. Denn wenn wir unsere Vorteile erst einmal kennen, können wir sie nutzen, um diejenigen zu unterstützen, die bestimmte Ressourcen oder gesellschaftliche Zugänge nicht oder in viel geringerem Umfang haben. Das ist das Ziel von Allyship: dazu beizutragen, die Diskriminierung der marginalisierten Person und die damit verbundenen Machtstrukturen zu überwinden – oder ihnen zumindest aktiv etwas entgegenzusetzen.

Alles nur Selbstinszenierung? Kritik am Begriff des Allyship

Reden ist Silber, Handeln ist Gold. Dahinter verbirgt ist ein wesentlicher Knackpunkt von Allyship. Denn Ally ist man nicht, weil man sich selbst so nennt. Man muss dem Wort auch Taten folgen lassen. 

Ansonsten wird der Ally-Begriff hohle Phrase zur reinen Selbstdarstellung. Das ist nicht nur auf der individuellen Ebene problematisch, weil jemand vorgibt etwas zu sein, was er*sie nicht ist. Es hat auch strukturelle Auswirkungen. Die Diskriminierung, die Allyship zu überwinden versucht, wird durch Menschen, die sich als Allys bezeichnen, aber nicht so agieren, in Wahrheit fortgeschrieben.

Immer häufiger werden deshalb alternative Bezeichnungen gefordert. Sie sollen stärker betonen, dass es darum geht, verbündet zu handeln – und nicht verbündet zu sein oder sich selbst so zu nennen. Die US-amerikanischen Schriftstellerin und Aktivistin Mia McKenzie schlägt zum Beispiel  folgende Bezeichnung vor: “currently operating in solidarity with”. Teilweise wird auch “Kompliz*innenschaft”  als Alternative angeführt.

Wir bei fembi haben uns entschieden, den Begriff Allyship/ Ally beizubehalten. Wir markieren ihn klar als Handlung und setzen uns für eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Konzept ein. So wie bei unserem aktuellen Projekt  “Allyship: Feminismus in Aktion”. In dem dazugehörigen Workshop machen wir Teilnehmende mit Allyship vertraut und ermächtigen sie, als Allys zu handeln. Mehr zu dem Workshop erfährst du hier

Ich handle, also bin ich [Ally]

So unterschiedlich wie Privilegien und Diskriminierungsformen sein können, ist auch Allyship. Genau diese Vielfältigkeit ist ein großer Gewinn. Denn jede Person kann allyen. Auch wenn wir selbst Teil einer marginalisierten Gruppe sind, können wir Allys einer anderen Community sein, der gegenüber wir privilegiert sind. Intersektionalität kann uns hier also helfen, uns mit verschiedenen Communitys zu verbünden.

Also, wie ist es mit dir? Redest du noch oder handelst du schon?

Quellen

Wie kann ich ein*e gute*r Ally sein?

Erkenne Diskriminierungen wie Rassismus, Sexismus oder Queer- und Transfeindlichkeit an!

Mache dir bewusst, dass wir in einer Gesellschaft sozialisiert wurden, in welcher die Diskriminierung marginalisierter Personengruppen historisch und strukturell verankert ist. Dies beeinflusst auch unseren individuellen Alltag, unser Denken und Handeln, unser Verhalten gegenüber anderen Personen.

Höre Betroffenen zu und erkenne ihre Erfahrungen an. Beachte dabei, dass du diese nicht unmittelbar mit deinen eigenen Erfahrungen vergleichen kannst. Zeige dennoch Empathie und Verständnis und sprich ihnen nicht ihre Diskriminierungserfahrungen ab oder spiele diese herunter.

Diskriminierendes Verhalten wird nie durch eine Person hervorgerufen oder “provoziert”. Eine Person ist niemals “selbst schuld”, wenn sie diskriminiert wird. Diskriminierung ist niemals gerechtfertigt, ist niemals ok.

Reflektiere dich und dein Umfeld: Erkenne deine eigenen internalisierten Vorurteile und setze dich kritisch damit auseinander.

Erkenne deine eigenen Privilegien und somit deine Rolle innerhalb unserer Gesellschaft an. Reflektiere dabei stets verinnerlichte „-ismen“. Auch du selbst bist nicht frei von diskriminierenden Glaubenssätzen. Es ist notwendig, dass wir uns ganz aktiv von diesen Glaubenssätzen lösen.

Bilde dich selbstständig zum Thema weiter: Zum Beispiel mithilfe von Social Media, Literatur, Podcasts oder Workshops.

Du kannst deinen eigenen Weg finden, dich mit verschiedenen Diskriminierungsformen und deinen Privilegien auseinanderzusetzen. Es zählt nur, dass du es tust! Sprich mit deinen Freund*innen, tausche dich mit anderen aus. 

Dabei ist wichtig zu beachten: Menschen, die von Diskriminierung betroffen sind, sind dir keine Erklärungen oder Bildungsarbeit schuldig! Falls du dich zu einem bestimmten Thema weiterbilden möchtest und dazu Infomaterial suchst, kannst du dich immer gerne an uns wenden.

Achte auf deine Sprache. Verwende keine diskriminierenden Wörter und Ausdrücke. Wichtig dabei ist: Nicht du selbst definierst, welche Begriffe diskriminierend sind. Höre hier auf Betroffene und nimm dir Kritik zu Herzen. 

Solidarisiere dich mit Betroffenen bei diskriminierenden Übergriffen in der Öffentlichkeit. Greife, wenn deine eigene Sicherheit dabei nicht gefährdet wird, in die Situation ein und lasse die betroffene Person damit nicht allein. Frage die betroffene Person, wie du sie im Augenblick am besten unterstützen kannst. Akzeptiere, wenn die Person keine Unterstützung wünscht, akzeptiere ein “nein”. Es geht in einer solchen Situation darum, was für die betroffene Person am besten ist und was sie braucht.

Bleibe im Dialog! Jede*r hat individuelle Erfahrungen und persönliche Grenzen, die er*sie selbst festlegt. Bleibe offen, auch weiterhin zu lernen und zu reflektieren. 

Infomaterial: Wie kann ich ein*e Ally für queere und trans Personen sein?

Wir haben Infomaterial zum Thema Transfeindlichkeit auf unserer Webseite gesammelt. Schau gerne rein, um dich in dem Thema weiter zu bilden und ein*e bessere*r Verbündete*r zu sein. Hier findest du außerdem unseren Flyer „Ally werden! So setzt du dich im Alltag gegen Queer- und Transfeindlichkeit ein“.

Hast du Anmerkungen, Fragen, Kritik?

Oder fehlen hier ggf. Informationen? Dann schreib uns gerne eine E-Mail an feministisches.bildungszentrum@gmail.com. Wir freuen uns, von dir zu hören!