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Damit dir nicht die Worte fehlen: How to argumentieren gegen trans*-Feindlichkeit

Manchmal erwischt uns das Gegenüber “eiskalt”. Zum Beispiel mit Aussagen oder Verhaltensweisen, die harmlos scheinen, aber in Wahrheit trans* feindlich sind. Häufig steckt keine Böse Absicht dahinter, sondern Unwissenheit. Es sind vielleicht Menschen, die sich nie näher mit Diskriminierungsformen auseinandergesetzt haben. 

Was kannst du sagen, wenn jemand trans* feindlich spricht oder handelt? Wir haben neun trans* feindliche Sätze/Situationen und passende Argumente gesammelt, mit denen du dein Gegenüber sensibilisieren und als Ally für trans* Personen einstehen kannst. 

Allyship (Verbündetenschaft) ist übrigens nicht nur ein wirkungsvolles “Werkzeug” für mehr trans* Freundlichkeit. Es ist ein grundlegendes Konzept der Solidarität, das die Rechte und Sichtbarkeit von marginalisierten Gruppen stärkt. Es geht darum, die eigene gesellschaftliche Rolle samt einhergehender Privilegien für Menschen zu nutzen, die diese Vorteile aufgrund struktureller Ungerechtigkeiten nicht haben. 

Wie genau Allyship aussehen kann? Das entscheidet am Ende Jede*r selbst. Ein konstruktiver Austausch ist immer eine gute Möglichkeit. Wir geben dir im folgenden Text starke Argumente zur Hand, um für mehr trans* Freundlichkeit einzustehen. 

Disclaimer: So meine ich das doch nicht! Wirkung verfehlt.

Das Wichtigste vorweg: Absicht ist nicht Wirkung. Nur, weil jemand etwas nicht trans* feindlich “meint”, heißt das nicht, dass es nicht trotzdem diskriminierend für die marginalisierte Gruppe ist. Es geht um die Empfänger*innen – in dem Fall: die trans* Personen -, nicht die Absender*innen. Mit diesem Perspektivwechsel lässt sich eigenes Verhalten gut und schnell hinterfragen.

1) ,,Ich bin doch nur neugierig!” –  Grenzenlose Neugier

Sich für andere Menschen zu interessieren, ist grundsätzlich etwas Gutes. Problematisch wird es, wenn Grenzen überschritten werden. Gerade im Umgang mit trans* Personen passiert es, dass Menschen Fragen über Körper, körperliche Veränderungen, Sexleben, diskriminierende und/oder traumatisierende Erfahrungen oder nach dem Deadname stellen. Teilweise geschieht das sogar dann, wenn die trans* Person klar signalisiert hat, dass sie nicht darüber reden möchte.

Würde man bei cis Personen, zu denen man ein ähnliches Verhältnis hat, auch solche Fragen stellen würde? Fände man selbst es okay, solche Fragen zu beantworten? 

Falls die Antwort “nein” lautet, sollte man auch trans* Personen diese Fragen nicht stellen. Grenzen anderer Personen sind immer zu respektieren. Am besten fragt man vorab, ob die Person überhaupt über ihr trans*-Sein sprechen möchte und ob es gerade ein passender Moment ist.

Eine Hilfestellung ist auch, das eigene Motiv zu hinterfragen. Wieso stellt man diese Fragen überhaupt? Möchte man wirklich mehr über die Gefühle und Erlebnisse des Gegenüber erfahren oder geht es eher darum, die eigene Neugierde zu stillen? 

2) ,,Sieht man dir gar nicht an!” – Falsche Komplimente

“Wow, ich hätte nicht gedacht, dass du trans* bist!” Was als vermeintliches Kompliment daherkommt, entpuppt sich als Diskriminierung. 

In der Aussage schwingt die Annahme mit, es gäbe klare Zeichen, an denen trans* oder cis Personen zu erkennen sind. Das ist falsch! In dem Satz steckt eine Abwertung. Man deutet an, dass es etwas Schlechtes sei, Menschen ansehen zu können, dass sie trans* sind. 

Was sich auch in der Formulierung verbirgt: Trans* Sein müsse man so gut wie möglich “verstecken”. Und manchen Personen gelänge ihre Transition “besser” oder “schlechter” als anderen.  

3) Nach links swipen, wenn du trans* bist. – Trans*feindliche Vorlieben

Alle können daten, wen und wie sie möchten. Persönliche Präferenzen können jedoch diskriminierend sein – und sind es häufig auch. 

Persönliche Präferenzen entstehen im Kontext verschiedener gesellschaftlicher Machtverhältnisse und Vorstellungen. Trans* Menschen pauschal als “nicht attraktiv/datebar” abzutun, ist Teil einer verinnerlichten trans* Feindlichkeit. 

Es ist wichtig, eigene Dating-Präferenzen zu erkennen und zu reflektieren. Sogenannte “Genitalpräferenzen” bedeuten beispielsweise, trans* Personen aufgrund ihres trans* Seins abzulehnen. Das ist trans* feindlich. Indem Menschen sagen, dass sie Frauen daten, aber keine trans* Frauen, suggerieren sie, dass trans* Frauen keine “richtigen” Frauen seien. Damit sprechen sie trans* Frauen ihr Geschlecht ab. 

Das alles bedeutet im Umkehrschluss nicht, dass man jede trans* Person attraktiv finden muss. Es geht vielmehr um generalisierende Aussagen und Annahmen einer sehr heterogenen Personengruppe gegenüber. 

4) ,,Kein Zutritt für trans* Frauen.” – Diskriminierung als Türsteher.

Trans* Personen – besonders trans* Frauen – sind überproportional von geschlechtsspezifischer Gewalt betroffen. Das gilt sowohl für den öffentlichen als auch für den privaten Raum. Umso mehr brauchen gerade auch trans* Frauen Schutzräume wie Frauenhäuser oder Räume wie Frauengruppen, Umkleiden oder Saunen. Ihnen diese Zugänge zu verwehren, spricht trans* Frauen ihre Geschlechtsidentität ab. Es suggeriert, dass trans* Frauen keine “richtigen” Frauen seien. 

Die vermeintliche Angst, Männer könnten als Frauen “verkleidet” in die Frauenräume eindringen, beruht auf nichts anderem als trans* feindlichem Denken. 

5) ,,Trans* Personen festigen das Patriarchat.” – Nehmen, statt geben.

Trans* Personen wird von cis Feministinnen oft vorgeworfen, sie würden das Patriarchat untermauern und Frauenthemen oder Frauenkämpfe ausblenden. Dies geschehe allein schon durch die Sprache. Beispielsweise wenn wir sagen: „Menschen, die schwanger werden können“ anstatt „Frauen“.

Dahinter steckt die Vorstellung, cis Frauen würde durch trans* oder nicht binäre Personen etwas weggenommen. Tatsache ist aber, dass trans* Personen genauso wie cis Personen vom Patriarchat unterdrückt werden. 

Inklusivere Sprache nimmt cis Frauen nichts weg. Sie schließt nur weitere Personengruppen mit ein, die viel zu häufig ignoriert und übergangen werden. Trans* Personen aus feministischen Kämpfen auszuschließen, ist nicht nur trans* feindlich, es unterstützt auch das Patriarchat. 

6) ,,Trans*inklusive Sprache ist zu kompliziert.” – Gedankenlos, statt mitdenken.

 Zu gendern, die richtigen Pronomen zu nutzen, Namen oder passende Bezeichnungen und Abkürzungen wie z.B. FLINTA* zu verwenden, all das ist trans* einschließend. Es ist eine Sprache, die alle Geschlechter mitdenkt. 

Warum ist es kompliziert, eine Person so anzusprechen oder über sie zu sprechen, wie sich die Person wohlfühlt? Es ist schlicht eine Frage des Respekts und der Wertschätzung. 

Wenn Menschen mit der Heirat ihren Nachnamen ändern oder Personen Spitznamen verwenden, tun sich die Wenigsten schwer damit. 

Sprache geht mit der Zeit, entwickelt sich immer weiter. Zu behaupten, eine trans* freundliche Sprache sei zu kompliziert, zeigt nur den Unwillen, Neues zu lernen und solidarisch mit trans* Personen zu sein. Und auch, wenn es etwa ungewohnt ist, bestimmte Pronomen zu nutzen: Übung macht den*die Meister*in – und am Ende auch den*die Ally für trans* Personen.  

7) ,,Trans* Sein ist eine Entscheidung.” – [K]eine andere Wahl

Du entscheidest dich nicht für dein Geschlecht. Du entscheidest dich nicht, cis zu sein. Aber du kannst dich dafür entscheiden, trans* freundlich zu sein! (Und anzuerkennen, dass trans* keine Entscheidung ist, sondern eine Identität.)

8) ,,Wie ist dein wirklicher Name?” – Wiederbelebte Deadnames. 

Der Deadname ist der Name, der einer Person bei ihrer Geburt gegeben wurde und der nun nicht mehr benutzt wird. Jede Person hat das Recht, mit dem Namen angesprochen zu werden, mit dem sie sich wohlfühlt. Nicht bei allen Menschen ist das der Name, den die Eltern ihm/ihr bei der Geburt gegeben haben. 

Spricht man Personen mit ihrem Deadname an, stellt man deren Identität in Frage. Ggf. werden so auch Erinnerungen an eine schwere Zeit hervorgerufen. Stattdessen sollte man die Namen nutzen, mit denen sich die Personen selbst vorstellen. Wenn es zu einer Namensänderung kommt, sollte fortan der neue Namen verwendet werden. 

9) ,,Das biologische Geschlecht zählt.” – Nicht normal.

Oft wird versucht, trans* feindliche Aussagen mit einem Verweis auf Wissenschaft oder Biologie zu rechtfertigen. Biologistische Argumentationen stützen sich oft auf Begriffe wie “natürlich” oder “normal”. Sie wollen eine angeblich wissenschaftlich begründete, natürliche Norm festsetzen. Das ist ein gängiges Mittel rechter Akteur*innen – und eine typische Methode, Diskriminierung zu verschleiern.

Bei trans* Personen geht es nicht um Biologie. Es geht um die Geschlechtsidentität. Menschen sind mehr als ihre körperlichen Funktionen.  

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