Für unsere monatlichen Vereinstreffen suchen wir uns regelmäßig eine Bar in Berlin aus und sind dadurch auf ein wichtiges Thema gestoßen, dass wir gerne aus einer feministischen Perspektive beleuchten wollen. Das Feiern oder sich Aufhalten in öffentlichen Räumen, wie Kneipen. Nicht jeder Ort bietet die gleichen Voraussetzungen für ein sicheres und angenehmes Erlebnis. Nicht jeder Ort ist ein Safer Space. Wir haben uns gefragt: Was brauchen wir eigentlich, um uns in Bars oder Cafés sicher und willkommen zu fühlen? Was sind aus einer feministischen Perspektive wichtige Punkte, um Orte sicher(er) für Alle zu gestalten? Daher haben wir Cafés, Bars und andere öffentliche Orte genauer unter die feministische Lupe genommen und ein Konzept entwickelt: Feministisch feiern?!
Damit einhergehen ein Kriterienkatalog und eine Veranstaltungsreihe, die es nun regelmäßig für unsere Vereinsmitglieder und Interessierte geben wird (kündigen wir in unserem Veranstaltungskalender an).
Innerhalb des Kriterienkatalogs haben wir bestimmte Kriterien entwickelt, mit denen ihr die Trinklocations eurer Wahl feministisch bewerten könnt und dann auch das Veränderungspotential zu einem feministischeren und sichereren Ort für alle aufzeigen könnt.
Kriterienkatalog - Feministisch Feiern?!
- Gibt es vor Ort barrierearme Zugänge in die Location und sind die Räume und Toiletten z.B. rollstuhlgerecht?
- Wird bei der Karte, Hinweisen und der Kommunikation auf leichte Sprache geachtet? Ist die Schrift kontrastreich und die Schriftgröße groß genug?
- Gibt es ein Awareness-Konzept? Wird dies sichtbar nach außen getragen/ kommuniziert?
- Positioniert sich die Location ersichtlich (z.B. durch Aushänge)?
- Sind Mitarbeitende eventuell speziell geschult, haben Awareness-Workshops durchgeführt, sich mit Diskriminierungsformen auseinandergesetzt und/oder bringen selbst eine wichtige Perspektive mit?
- Ist das Personal aufmerksam und sensibel gegenüber diskriminierendem Verhalten? Zeigt das Personal genug Präsenz und Offenheit, sodass ich mich bei Vorfällen mit gutem Gewissen an es wenden kann?
- Wie begegnet das Personal Menschen, die von Rassismus, Klassismus, Sexismus, Transfeindlichkeit betroffen sind?
Orte, die ausschließlich hochpreisige Getränke und/ oder Speisen anbieten, schließen Menschen mit wenig finanziellen Mitteln aus.
Auch auf dieser Ebene sollte der Zugang für möglichst jede*n gegeben sein.
Für viele ist es wichtig, im Voraus zu wissen, was eine*n in der Location erwartet.
Informationen zu beispielsweise rollstuhlgerechten Räumlichkeiten, ob geraucht wird, wie laut es ist bzw. ob es ruhige Räumlichkeiten gibt, ob es ein Awarenesskonzept gibt können uns bei der Entscheidung für oder gegen eine Location helfen und zeigen dass diskriminierungssensibel gedacht wird.
Wie wird Menschen begegnet, die ohne Obdach oder wohnungslos sind? Wie wird Menschen begegnet, die kein/ wenig Geld haben?
- Berücksichtigen Toiletten alle Gender, also erfolgt keine binäre Einteilung in „Männer“ und „Frauen“? Empfehlenswert ist zum Beispiel die Aufteilung in Sitz-und Stehklos.
- Gibt es Menstruationsprodukte auf den Toiletten?
- Sind die Toiletten rollstuhlgerecht gestaltet?
- Gibt es ruhige Ecken und Nischen für Menschen, die hochsensibel sind?
- Habe ich genug Platz für mich? Kann ich genug Abstand zu anderen Besucher*innen halten? Kann ich unangenehmen Situationen/ Personen auch physisch ausweichen?
- Werden auch Menschen mitgedacht, die nicht deutsch sprechen? Werden z.B. mehrere Sprachen, leichte Sprache oder Symbole/Pictogramme verwendet?
Bewertet doch mal eure Lieblingslokal mit diesen Kriterien und gibt möglichen Verbesserungsbedarf weiter. So könnt ihr dazu beitragen, gemeinsames Trinken sicherer und feministischer zu gestalteten. Fehlen euch noch wichtige Kriterien? Dann schreibt uns diese sehr gerne an: feministisches.bildungszentrum@gmail.com
Warum überhaupt Safer Spaces?
Safer Spaces sind spezielle Räume, in denen der Anspruch herrscht, dass sich (bestimmte) marginalisierte Gruppen dort möglichst diskriminierungs- und gewaltfrei bewegen können. Das können Veranstaltungen, Bars, Festivals, Online Gruppen etc. sein. Diese Räume sind meist von und für Betroffene geschaffen. Es existieren bestimmte Strukturen, um Diskriminierung zu verhindern, wie beispielsweise ein Awareness Team. Es gibt z.B. Safer Spaces für FLINTA*, queere Safer Spaces, für BIPoC Menschen usw. Manche Safer Spaces sind also nur für bestimmte Personengruppen geschaffen und nicht alle haben Zugang. Informiere dich daher vorher, ob der Safer Space für dich ist und du dich dort aufhalten darfst. Wenn nicht, dann akzeptiere diese Entscheidung, auch wenn du vielleicht gerne dabei wärst.
Dabei sprechen wir immer von Safer Spaces und nicht von Safe Spaces, weil es leider (noch) keine Räume gibt, die wirklich zu 100% sicher sind. Diskriminierungen und schlechte Erfahrungen können auch in Safer Spaces passieren. Um das hervorzuheben und Betroffene ihre Erfahrungen nicht abzusprechen, reden wir von Safer und nicht Safe Spaces.
Was kannst du persönlich tun, um einen Ort sicherer zu machen?
Wenn du beispielsweise nicht zu der Personengruppe gehörst, für die der Safer Space geschaffen wurde, aber dennoch dort willkommen bist, dann ist wichtig: Nimm dich zurück und gib Betroffenen den Raum, den sie möchten und brauchen. Informiere dich vorher, bevor du einen bestimmten Safer Space betrittst, ob es ein Awareness Konzept gibt und was der Safer Space in diesem Kontext genau bedeutet.
Für alle gilt: Verhaltet euch unterstützend und wertschätzend und meldet Übergriffe und Diskriminierung dem Awareness Team oder den verantwortlichen Personen.
Beratungsstellen und mehr Informationen
- Reacht Out: Beratungsstelle für Opfer rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt in Berlin. Unterstützt und beraten werden auch Angehörige, Freund*innen der Opfer und Zeug*innen eines Angriffs.
- Netzwerk gegen Diskriminierung und Islamfeindlichkeit
- akse: aktiv und selbstbestimmt e.V.: Beratung für Menschen mit Behinderung
- Gladt e.V.: engagieren sich gegen Rassismus, Sexismus, Trans*- und Homofeindlichkeit, Behindertenfeindlichkeit sowie andere Formen von Diskriminierung.
- MANEO: hilft schwulen und bisexuellen Männern, die von schwulenfeindlicher Gewalt und Diskriminierung betroffen sind.
- LesMigraS: richtet sich primär an alle Lesben, bisexuellen Frauen, Trans* und Inter*.
- Lesben- und Schwulenverband Deutschland
- TrIQ: gewährleistet ein professionelles Beratungsangebot in den Bereichen Trans*, Inter* und Queer.
- XENION – Psychosoziale Hilfen für politisch Verfolgte e.V.